Vielleicht waren wir etwas vorschnell mit der Krönung unserer „Goldenen Himbeere“ für das schlimmste Transportmittel, wussten wir schließlich (noch) nicht, dass die vietnamesische Staatsbahn einen besonderen Leckerbissen für uns vorbereitet hatte: ein Schlafabteil voller Kakerlaken und anderen Kriechtiere. Eingemummelte im Schlafsack, etwas betäubt mit Bier finden wir dennoch ein wenig Schlaf und sind heilfroh als der Spuk am frühen Morgen ein Ende hat…
Jedoch noch nicht ganz, denn leider entpuppt sich der gesamte Abschnitt unserer Reise in die landschaftlich tollen Region um den Phong-Nha-Nationalpark in so manchen Belangen als etwas ernüchternd.
Aber bevor wir dies vertiefen wollen, hier erst einmal unsere Entdeckungen:
Die Landschaft rund um den Nationalpark, der zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört, beeindruckt uns mit ihren vielen grünbewachsenen Hügeln und Karstbergen und den dazwischenliegenden saftig Tälern, in denen Reis angebaut wird. Bekannt geworden ist der Nationalpark vor allem aufgrund seiner riesigen Höhlen, so findet sich hier u.a. auch die wohl längste bisher entdeckte Höhle der Welt.
Einen ersten kleinen Einblick in die Natur bekommen wir per Kajak: unsere Unterkunft liegt sehr idyllisch etwas außerhalb vom Hauptort an einem See und stellt kostenlos Paddelboote zur Verfügung. Wir nutzen diese direkt und genießen die Ruhe und das schöne Panorama vom Wasser aus.
Um die Gegend ausführlicher zu erkunden, leihen wir uns am Tag nach unserer Ankunft erneut einen Motoroller aus und machen uns auf eigene Faust auf den Weg. Die Fahrt ist abwechslungsreich und spannend: im ersten Teil unseres Rundwegs durch den Nationalpark tuckern wir über steile Straßen durch dicht bewachsenen Regenwald, im zweiten Teil durch idyllische, grüne und offene Täler mit Kirchen am Wegesrand – man könnte fast denken, dass man im Allgäu gelandet ist. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass Landwirtschaft in diesem Land noch Handarbeit bedeutet. Der größte Luxus scheinen Ochsen zu sein, ansonsten wird hier teilweise noch per Hand gepflügt – Trecker oder andere Maschinen scheinen auf jeden Fall Mangelware.
Unser eigentliches Tagesziel ist die Thien-Duong-Höhle oder auch Paradise Cave, von der der vorderste Teil (von insgesamt 31 Kilometer Länge) für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Inzwischen ist es auch richtig schwül-warm geworden, so dass wir uns freuen, nach dem schweißtreibenden Aufstieg zum Eingang in die Kühle der riesigen Höhle absteigen können. Die Höhle selbst kommt uns riesig vor, an ihrer höchsten Stelle ist sie knapp hundert Meter hoch und 150 Meter breit. Die Stalagmiten und Stalaktiten formen sich hier zu den absonderlichsten Figuren. Mal wirken diese Gebilde wie der Natur nachempfunden, mal gespenstisch und unwirklich – zusammen mit der schieren Größe der Höhle und der Beleuchtung entsteht so eine ganz eigentümliche Atmosphäre.
Auch die Phong-Nha-Höhle, die wir am nächsten Tag besichtigen, hat ihren eigenen Reiz, da man diese Höhle nur mit dem Boot erreichen kann. Sobald man den Eingang erreicht hat, schaltet unser Bootsführer den Motor aus und wir gleiten, nur durch Paddelkraft vorangetrieben, durch die dunkle Höhle, So nimmt man das Innere in einer ganz ruhigen, fast schon hypnotischen Stimmung wahr – uns zumindest fallen immer wieder fast die Augen zu…
Der Hinweg an diesem Tag ist auch wieder speziell: Auf dem Weg ins Dorf zur Bootsanlegestelle lernen wir sowohl die Tücken als auch den Segen des örtlichen Personennahverkehrs kennen. Da der öffentliche Bus nicht zu kommen scheint und wir in der Sonne am Straßenrand fast zerfließen, winken wir einfach jedem größeren Gefährt zu, das vorbeikommt. Und tatsächlich hält auch ein Bus an, der uns mitnimmt – vollbeladen mit einer ganz gemischten einheimischen Reisegruppe aus einer wohl eher ländlich Gegend Vietnams. Auf jeden Fall bietet der Anblick von uns zwei westlichen Touristen Anlass für großes Hallo und viel Gelächter. Junge Mönche packen ihre Englischkenntnisse aus und löchern uns mit Fragen, die Alten scheint das Alles eher zu amüsieren…egal, wir kichern einfach mit. Beim Ausstieg im Dorf möchte dann gefühlt jeder Fahrgast unsere Hände schütteln. Auch wenn diese Szene etwas skurril ist, ist dieses Erlebnis irgendwie herzerquickend und schön! Denn wie oben bereits erwähnt, ist dieser Reiseabschnitt nicht unbedingt der schönste für uns. Grund dafür ist, dass wir uns hier wiederholt „ausgenommen“ und als dumme Touristen vorkommen, die vor allem eins sollen, bitte ordentlich zahlen. Es beginnt nach der Kakerlakentour mit dem überteuerten Bus zur Unterkunft, geht mit Eintritts- und Tourpreisen weiter, die an Australien erinnern und einem Doorm, der mit Dreck und Mief nicht zur schicken Fassade des Unterkunft passt.
Als wir auf dem Rückweg von unserer ersten Tour am Ufer eines wunderschönen Baches sitzen und auf ein lieblos und wenig instand gehaltenes „Ecotrail“-Gelände blicken, sind wir beide traurig darüber, was wir hier erleben. Warum bauen die Menschen hier Dinge auf, haben aber scheinbar nur das schnelle und viele Geld im Blick und nicht das längerfristige Potenzial und die Zufriedenheit ihrer Gäste? Warum überdrehen sie die Schraube so und verdrei- bis verfünffachen die Eintrittsgelder innerhalb weniger Jahre? Uns schreckt es eher ab, als dass wir nochmals hierher kommen wollen. Auch wenn die Landwirtschaft anscheinen größtenteils per Hand verrichtet wird, herrscht hier eigentlich keine Armut. Ganz im Gegenteil, es wird an jeder Ecke gebaut und es fahren teuerer Autos durch die Täler, als in den anderen Regionen, in denen wir bisher waren.



















