In Mandalay kommen wir in einem netten, frisch eröffneten Hostel unter. Das Personal ist äußerst bemüht und der Besitzer in unserem Alter holt sich von uns Rückmeldung zu Plänen ein, die er für sein Hostel hat. Eine Entscheidung von ihm war auf jeden Fall goldrichtig – es gibt Nutella zum Frühstück! Herrlich zu beobachten, wie uns Westlern allen ein verklärtes Lächeln im Gesicht steht, während wir unseren Toast mit geschätzten 3 cm süßer Haselnuss-Paste beschmieren.Die Verklärung verlässt unser Gesicht jedoch beim Anblick der Zimmer… Die Einrichtung erinnert Mechthild an die Ukraine. Wir haben zwar den Luxus eines Zimmers mit Fenster, aber dieses bietet nur Ausblick zur 10 cm entfernten Außenwand des Nachbarhauses und lässt sich auch nicht öffnen. Es ist für uns immer wieder erstaunlich zu sehen, dass die Bausubstanz selbst bei neuen Gebäuden (und auch in höherpreisigen Hotels) sehr minderwertig ist. Armaturen, Fugen und andere Baustoffe, die teils neu oder nur wenig alt sind, sehen schon nach kürzester Zeit total in die Jahre gekommen aus. Schade, da so selbst nett eingerichtete Unterkünfte bei genauerem Blick recht heruntergekommen aussehen!
Beim Nutella-Frühstück lernen wir ein Italienisch-Schweizer Pärchen kennen und verbringen danach den Tag gemeinsam: Wir buchen bei der Rezeption eine Halbtagstour mit einem Taxi. Unser junger Fahrer Ali entpuppt sich leider schnell als unmotivierter Trickser: Durch den ersten Stopp, die Mahamuni-Pagode mit der anscheinend wichtigsten Buddha-Statue Myanmars, scheucht er uns noch im Eiltempo durch. Beim zweiten Stopp treten wir dann aber entschieden auf die Bremse, was er merklich uncool fand.
Diese Entscheidung war aber goldrichtig, denn das Shwenandaw Kyaung-Kloster, von dessen Besuch innen er uns abgeraten hat, entpuppt sich als wunderschön und sehr interessant. Dieses Bauwerk ist schließlich das einzig Originalstück, welches aus dem alten Königspalast erhalten geblieben ist. Es diente ursprünglich als Schlafgemach des Königs Mindon. Als dieser 1878 starb ließ es sein Sohn König Thibaw aus dem Palast entfernen und als Kloster umfunktionieren, angeblich um den Schatten seines Vaters zu entkommen. So entging es im Gegensatz zum Königsplatz den Bomben im 2. Weltkrieg.
Das Gebäude selbst besteht komplett aus Holz und beeindruckt durch seine reichen Schnitzereien.
Im weiteren Verlauf des Tages haben wir noch ein lustiges Fotoshootings mit einer Gruppe junger Mönche – man konnte gar nicht sagen, wer mehr fasziniert vom Gegenüber war! Wir besichtigen zum Missfallen von Ali auch die anderen touristischen Sehenswürdigkeiten, wie den knapp 500 bis 900 Tonnen schweren Marmor-Buddha in der Kyauktawgyi-Pagode und die Nachbildung des Königpalast. Dieser befindet sich am Originalplatz in einem riesigen Komplex im Norden der Stadt, welcher heutzutage auch militärisch genutzt wird. Der Besuch ist insofern befremdlich, da man am Eingang seinen Pass hinterlassen muss und schwerbewaffnete Militärs darauf hinweisen, dass man auf dem Weg zum Palast keinerlei Fotos machen darf. Der Palast selbst ist leider nicht sonderlich gut gelungen, die unzähligen Gebäude sind aus getünchtem Beton und Wellblech nachgebaut und es kommt so sehr wenig Atmosphäre auf. Gerade Mechthild ist enttäuscht, da sie den Roman „Glaspalast“ gelesen hat, der zur Zeit des letzten Königs in Mandalay spielt und der prachtvolle Palast ein Rolle spielt.
Zum Sonnenuntergang kraxeln wir, wie vom Reiseführer empfohlen, auf den Mandalay Hill. Wir kommen gerade rechtzeitig, um die Sonne in einer Dunst- und Staubwolke verschwinden zu sehen – Romantik pur…
Obwohl der Tag in Mandalay aufgrund der Hitze, des Staubs und Ali anstrengend war, hat der Ausflug mit den beiden sehr sympathischen Marta und Marc wirklich Spaß gemacht. Unser Erlebnis mit dem passiv-aggressiven Taxifahrer hat uns zusammengeschweißt, so dass wir am Ende die Widrigkeiten mit viel Lachen und Scherzen genommen haben.
Vor unser Weiterreise besichtigen wir am kommenden Tag noch kurz einige Handwerksstätten, die am Vortag (Sonntag) geschlossen waren. So sehen wir Holz- und Steinbildhauereien, die weniger für Touristen, als für Klöster und Pagoden anfertigen. außerdem eine Manufaktur für die Herstellung der hauchdünnen Goldplättchen. Diese werden von den Gläubigen im ganzen Land an Statuen und Symbolen wie dem Golden Rock angebracht werden.
Mittags fahren wir mit einem Taxi auf der vielbefahrene Burma Road (Brummirennstrecke mit vielen Haarnadelkurven), die die Hauptverkehrsader ins Nachbarland China ist, nach Pyin Oo Lwin – die Sommerfrische der englischen Kolonialverwaltung. Dort angekommen, atmen wir erst einmal durch – das Klima ist kühler, die Luft klarer und die Atmosphäre nicht so hektisch, beengt und dreckig wie in Mandalay. Der weitläufige Ort ist übersät mit Überresten der Kolonialherrschaft: es gibt schöne Villen, einen Golfplatz und einen weitläufigen Botanischen Garten mit großen Bäumen – ganz wie in einem typischen Kurort in England.
Wir schnappen uns also Fahrrädern aus der Unterkunft und erkunden das Städtchen. Es ist irgendwie lustig hier in Myanmar Rad zu fahren, aber herrlich entspannt und hat was von Freiheit. Die heutige Unterkunft ist für unsere bisherige Reise sehr ungewöhnlich: Wir übernachten auf dem Grundstück und in den Gebäuden der ehemaligen englischen Bezirksgouverneure. Die 1921 errichtete Anlage wirkt wie in die Jahre gekommenes Englisch anmutendes Landgut und hat sich ihren Charme erhalten, da sie kaum renoviert scheint. Das Mobiliar der Häuser hat etwas von dem einer alten Jugendherberge der 50er. Wir haben ein riesiges Zimmer mit Vorraum und Schreibtisch mit Blick auf den Garten und laufen beim Verlassen des Gebäudes erst einmal in die Dreharbeiten für eine burmesische Daily Soap…
Erst auf der Fahrt zum Bahnhof am nächsten Morgen realisieren wir so richtig, dass auf dem Gelände hinter unsrer alten und charmanten Unterkunft ein riesiger, moderner Militärstützpunkt der burmesischen Armee betrieben wird. Hier werden heute die Elitetruppen ausgebildet. Was ein architektonischer und atmosphärischer Kontrast! In unserer Unterkunft und in weiten Teilen des Ortes fühlten wir uns wie aus der Zeit gefallen.












































