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Hoi An

Jans zahlreiche Recherchen brachten unter anderem das Ergebnis, dass wir die Strecke von Hue nach Hoi An in Form eines Easyrides auf dem Motorrad zurücklegten. Was für ein Erlebnis! Ich werde nie wieder sagen, dass Motorradfahren (bzw. das Mitfahren) totaler Mist ist, denn es macht leider großen Spaß!
Die Gegend zwischen Hue und Hoi An ist nicht nur historisch interessant, sondern beherbergt mit dem „Wolkenpass“ die natürliche Wettergrenze zwischen der südlichen und nördlichen Klimazone. Da es in inzwischen einen Tunnel durch den Berg gibt, durch welchen der Schwerverkehr und die meisten Autos geleitet werden, ist diese Strecke über den Pass für Touren, wie wir sie vorhaben machen, hervorragend geeignet. Wir starten in Hue mit der Fahrt durch recht frisch gesetzte Reisfelder, die saftig grün leuchten. Dann beginnt es leider zu regnen und wir werden allesamt liebevoll in Plastik verpackt und sehen anschließend aus, als wären wir eine Spezialeinheit zur Beseitigung von Gefahrenstoffen. Erster Stopp in voller Montur ist ein kleines Fischerdorf. Die Fischer kennen den Aufzug wohl schon und sind wenig beeindruckt. Viel zu sehen gibt es hier nicht, was aber vermutlich am strömenden Regen liegt. Weiter geht’s! Der nächste Stopp wird uns als schöne Badegelegenheit angepriesen. Bei dem Regen ist anfangs keiner so recht begeistert, aber als wir an der „Elefant Spring“ ankommen, hopsen dann schließlich doch einige von uns in die Fluten. Bei Sonnenschein muss dieser Platz großes Kino sein: neben der Quelle gibt es auf den platten Felsen mehrere überdachte Sitzmöglichkeiten. Hier verbringen Scharen von Vietnamesen ihre Freizeit, essen, trinken Dosenbier und nebenher läuft laute Musik. Unsere Motorradgang-Anführerin Sue, die die Gruppe der Easyrider-Jungs wunderbar im Griff hat, versorgt uns nach dem Baden, wie schon vorher sehr gut organisiert, mit allem, was man bei solch einem Stopp braucht: in diesem Fall einer Dose Bier und einer Plastiktüte für die nassen Klamotten.
Kurz bevor die Passstraße beginnt, liegt am Fußes des Berges bei dem Ort Lang Co eine Lagune mit mehreren Sea Food Restaurants. In einer der einfach aussehenden Barracken wird uns ein unfassbar gutes Mahl kredenzt! Selbst Jan, der sonst jegliches Getier aus dem Meer mit Ekel betrachtet, kann hierbei nicht anders, als auch die verschiedenen Muschelarten zu probieren. Das Essen dort ist so unglaublich lecker und frisch – ich würde auf der Stelle wieder hinfahren und weiteressen! Positiver Nebeneffekt unseres Festmahls: Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, unsere schmückende Regenbekleidung behielten wir aber vorsichtshalber weiterhin an…
Mit dem Pass beginnt dann der landschaftliche Höhepunkt unserer Fahrt mit vielen tollen Ausblicken auf die wilde Küste und nach dem Pass auf die Bucht von Da Nang. Da Nang selbst ist inzwischen die am schnellsten wachsende Stadt in Vietnam und es ist wirklich erstaunlich wie viele internationalen Luxushotels sich an der Küstenstraße aneinanderreihen. Kurz hinter Da Nang halten wir an den Marble Mountains schließlich für unseren letzten Zwischenstopp: Wir verbringen hier einige Zeit, um die zunächst etwas sehr touristisch aufgezogenen buddhistischen Heiligtümer (mit Aufzug zur Spitze und versteckten Lautsprechern) auf den Mamorfelsen zu erkunden und entdecken im hinteren Teil auch ein kleines, sehr friedlich wirkendes Kloster.
So langsam fangen die Hintern an zu schmerzen, weswegen wir dann doch froh sind, nach kurzer Weiterfahrt endlich in Hoi An anzukommen. Trotz des eher mäßigen Wetters entschädigt dieser Ausflug für einige Enttäuschungen in Vietnam – die ganze Organisation war wirklich rundum gelungen und vor allem hatte man das Gefühl, dass es der Betreiberfamilie wirklich Spaß macht, uns Touristen von ihrem Heimatland zu begeistern!
Leider regnet es auch am kommenden Tag, so dass wir einige Zeit in unserer Unterkunft und in Cafés in der Altstadt verbringen – so können wir in Ruhe für unsere bevorstehende Sri Lanka-Reise und für mögliche Anzugsschnitte recherchieren. Hoi An gilt nämlich als Paradies für Selbstgeschneidertes, da hier über 100 Schneidereien darauf warten, Anzüge, Hemden und Kleider zu einem relativ günstigen Preis für die vorbeikommenden Reisenden anzufertigen. Bei den Anproben und Gesprächen zeigt sich sehr rasch, dass die vietnamesischen Schneider geübt darin sind, ihre Produkte schnell und unkompliziert anhand von Vorlagen nachzuschneidern. Weniger liegt ihnen hingegen Flexibilität und Kreativität, wenn man als Kunde Wünsche und Fragen hat, die über das vertraute Baukastensystem hinausgehen. Auch die allerletzte Sorgfalt scheint nicht ihre erste Priorität zu sein. Trotzdem zufrieden mit den Resultaten, schicken wir schließlich ein Paket auf den Seeweg und hoffen, dass die kostbaren Waren (inklusive der Stoffe aus Myanmar) wohlbehalten nach Gießen finden.
Dass Hoi An aber viel mehr zu bieten hat als nur ihre Schneider, entdecken wir dann am nächsten Tag bei besserem Wetter: Vom 16. Jahrhundert an war Hoi An ein wichtiger Handelsplatz, von dem aus vornehmlich chinesische Kaufleute und Handelskooperationen die Waren aus dem vietnamesischen Inland für ihr Heimatregion verschifften. Im 19. und 20. Jahrhundert verlor das kleine Städtchen jedoch seine Bedeutung und verfiel langsam, da der Fluß versandete und gleichzeitig Da Nang von den Franzosen als modernere Hafenstadt entwickelt wurde. Die zunehmende Bedeutungslosigkeit rettete Hoi An jedoch zugleich vor einem Einbezug in die Kriegswirren und dem anschließenden kommunistischen Bauwahn im 20. Jahrhundert. Mit dem Aufkommen des Tourismus in den 1990er-Jahren wurden die kleinen Handelshäuser und Privattempel geschmackvoll restauriert, die ganze Altstadt wirkt wie aus einem Guss und kommt ohne architektonische Schandflecken aus. Abends ist das Viertel besonders reizvoll: unzählige bunten Lampions erleuchtet die Gassen und das Treiben ist weniger hektisch und geschäftig. Die Lokale sind voll und Flaneuren wie wir genießen die schöne Atmosphäre am Flußufer.
Die Küste vor Hoi An ist für ihre schönen Strände bekannt. Vor unserem Abflug nach Sri Lanka lassen wir uns diese daher auf keinen Fall entgehen! An Bang, ursprünglich ein von der Fischerei lebender kleiner Ort, hat sich auf geschmackvolle Homestay-Unterkünfte verlegt, die gleich hinterm Strand liegen. Dieser ist nach dem ganzen blöden Regen einfach nur traumhaft! Nur irgendwas mit der Sonneneinstrahlung ist hier komisch… nachdem wir am ersten Tag noch milde über die fies sonnengeröteten „Weißen“ gelächelt hatten, reihen uns am zweiten Tag mit ein in die Gruppe der Rothäute. Boa, brennt das! Wir haben noch die nächsten zwei Wochen was davon und cremen feste mit verzweifelt gekaufter Aloe Vera vom Flughafen in Kuala Lumpur.

2 Kommentare

  1. Stefan Momma

    Grade frisch entdeckt – werde mich mal reisehungrig lesen 🙂
    Später mehr. Lasst es Euch gut gehen!

  2. Johannes

    Schöne Bilder! Wann gibts Nachrichten aus Sri Lanka? Ich hoffe Euch geht es gut!

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